Der Tag des Schocks, der Tag an dem all meine Träume von meinem kleinen Wunder wieder zerbrochen sind, ist etwa eine Woche her. Mir geht es immer noch sehr schlecht, ich schwebe immer zwischen Selbstmitleid, Trauer und Wut. All die Fragen, die einem durch den Kopf gehen, die einen einfach nirgendwo hinbringen. Warum wir? 

Es ist doch sowieso schon alles so schwer - warum muss gerade unser Krümel entscheiden nicht weiter zu leben?

Warum erst jetzt - warum habe ich diesen kleinen Herzschlag gesehen, der mir jetzt das Herz bricht? 

Warum war ich schon so zuversichtlich, ich wusste doch, dass das passieren kann… Ohne diese Zuversicht würde ich jetzt vielleicht nicht in ein so tiefes Loch fallen. Warum ist es bei anderen Leuten so einfach? Sie bekommen „Zack-Bumms“ ein Kind nach dem Anderen und können diese kleinen Wunder nicht einmal schätzen. Warum ist die Welt so ungerecht???

Alles Fragen, die da sind und man weiß, dass es Quatsch ist sich diese Fragen zu stellen und trotzdem tut man es. Ich hing also in meiner eigenen depressiven Verstimmung fest, ich war so wütend auf mich – das mein Körper nicht in der Lage ist einfach schwanger zu sein.

Hier kannst Du dir die Podcastfolge anhören:

Was tut man, wenn der Körper sich nicht selbst hilft?

Auch wenn ich eigentlich einfach abwarten wollte, bis mein Körper selbst merkt, dass der kleine Krümel nicht mehr lebt, bin ich unsicher. 

In der vergangenen Woche hat sich so gar nichts verändert. Mir ist nach wie vor schlecht und dadurch ist auch klar, dass das HCG im Blut immer noch sehr hoch ist. Ich versuche mich im Internet über verschiedene Behandlungsansätze zu informieren und wie das so oft ist, hat man in so einer Situation dann hinterher noch mehr Sorgen als vorher.

Es gibt drei Behandlungsmöglichkeiten bei einer verhaltenen Fehlgeburt (Missed-Abortion, wenn der Körper noch nicht „gemerkt“ hat, dass der Embryo nicht mehr lebt).

Abwarten

Man wartet einfach ab, bis das HCG so weit gesunken ist, dass der Körper doch noch merkt, dass etwas nicht ok ist. Dann sollte der Embryo mit einer stärkeren Regelblutung abgestoßen werden. Wenn alles gut geht, stößt der Körper mit dieser Blutung die gesamte Gebärmutterschleimhaut ab und man muss nichts weiter tun.

Medikamentöse Therapie

Da der Körper noch nicht gemerkt hat, dass der Embryo nicht mehr lebt, kann man Medikamente einnehmen, die den Körper zu einer Abstoßung der Gebärmutterschleimhaut anregen. Als Medikament der Wahl gibt es Cyto-Tec® (Misoprostol®), wobei dieses Medikament normalerweise zur Behandlung von Magenproblemen gedacht war und die Verschreibung zur medikamentösen Aborteinleitung einem Off-Label-Use entspricht (das Medikament ist für diese Nutzung also nicht zugelassen). Darüberhinaus liegen die Erfolgschancen, je nach Dosierung und Art der Anwendung (oral oder vaginal) nur bei 70% und es können eine Reihe von Nebenwirkungen auftreten (Übelkeit, Fieber, Durchfall, Erbrechen, im schlimmsten Fall Gebärmutterbruch). Wenn es zu keiner vollständigen Entleerung der Gebärmutter kommt, muss auch hier anschließend noch eine Ausschabung durchgeführt werden. In Studien war dies bei 44% der behandelten Frauen notwendig. In Bezug auf Misoprostol® gibt es, auch was den Verkauf angeht, Ungereimtheiten. In Deutschland wurde es schon 2006 von der Firma Pfizer vom Markt genommen. Die Gründe sind unklar, es geht wohl einerseits um die Nebenwirkungen, andererseits ist Cyto-Tec® sehr günstig wogegen mögliche alternative Medikamente für den gleichen Zweck deutlich teurer sind. Trotzdem ist Cyto-Tec® weiterhin das Medikament der ersten Wahl, da die Studienlage dafür spricht, dass es die beste Möglichkeit für eine Behandlung eines Missed-Abort darstellt. 

Chirurgische Therapie

Wenn weder ein Abwarten, noch eine medikamentöse Therapie Wirkung zeigen, dann bleibt nur noch der Weg einer Ausschabung. Sie wird normalerweise ambulant und unter einer kurzen Vollnarkose vorgenommen. Die Ausschabung (Kürettage) wird mit Hilfe einer Kürette (eine Art stumpfer Löffel) durchgeführt. Vorher wird der Muttermund vorsichtig geweitet, damit die Instrumente in die Gebärmutter eingeführt werden können. Damit der Muttermund (Zervix) sich leichter dehnen lässt, können etwa 3 Stunden vor dem Eingriff Prostaglandine in die Scheide eingeführt werden. Diese weichen den Muttermund auf und damit ist die anschließende Dehnung problemloser möglich. Mit der Kürette wird dann die Gebärmutterschleimhaut vorsichtig entfernt. Ein Vorteil einer Ausschabung ist, dass das Gewebe anschließend im Labor untersucht werden kann. Hier kann dann festgestellt werden, ob es genetische Gründe für die Fehlgeburt gab. Nach der Ausschabung kann es noch einige Tage zu leichten Blutungen kommen. Für die Schmerzen kann man ein leichtes Schmerzmittel nehmen, sie sind aber meist bereits nach 1-2 Tagen überstanden. 

Risiken einer Ausschabung

Vor der OP wird ausführlich über die Risiken des Eingriffs aufgeklärt, neben den normalen Risiken der Narkose, gibt es bei der Ausschabung die Möglichkeit einer Gebärmutterverletzung (bis hin zur Gebärmutterperforation, also einem Loch in der Gebärmutterwand), es kann zu Verletzungen des Muttermundes kommen und eine weitere schlimme Komplikation ist die Ausbildung eines Ashermann-Syndroms. Beim Ashermann-Syndrom ist die Funktion der Gebärmutterschleimhaut stark eingeschränkt und es bilden sich Vernarbungen und Verwachsungen der Gebärmutterschleimhaut. 

Bei späteren Geburten kann es durch eine Ausschabung zu Geburtskomplikationen kommen, insbesondere ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Plazenta sich nach der Geburt nicht normal ablöst, erhöht. 

Missed-Abort und hohe HCG-Werte

Nachdem ich mich über die Behandlungsmöglichkeiten informiert hatte, war für mich noch klarer, dass ich auf jeden Fall erstmal abwarten wollte. Trotzdem machte ich mir einen Termin bei einer neuen Frauenärztin, um eine zweite Meinung und eine ärztliche Einschätzung meiner Situation zu bekommen.

Zum Glück fand ich nach ein paar Tagen eine sehr liebe Frauenärztin in meiner Nähe. Ich war psychisch noch total labil und konnte keine drei zusammenhängenden Sätze sprechen, ohne anzufangen zu weinen. Bei dieser Ärztin fühlte ich mich sofort aufgehoben. In dieser Situation war das für mich ein großes Glück.

Sie machte einen Ultraschall und konnte leider auch nur die Diagnose eines Missed-Abort bestätigen. Ich gab ihr die Laborergebnisse meiner früheren Frauenärztin und erklärte ihr, dass ich eigentlich einfach abwarten möchte. Leider hat sie mir dann erklärt, dass das auf Grund der hohen HCG-Werte durchaus einige Wochen dauern könnte. Anschließend hätte ich wahrscheinlich mehrwöchige Blutungen und auch dann gäbe es keine Garantie, dass ich nicht doch noch eine Ausschabung brauchen würde.

Erstmal weiter warten…

Das war der nächste Schock für mich, denn zu dieser Zeit hatte ich eine unglaubliche Angst davor, dass etwas schief laufen könnte und es dann anschließend noch weniger Hoffnung auf ein eigenes Kind geben würde. Ich entschied mich dann dafür meinem Körper noch eine weitere Woche Zeit zu geben. In dieser Zeit wollte ich mich darüber informieren, ob ich Medikamente nehmen sollte oder ob ich doch gleich eine Ausschabung machen lassen würde.

Die Ärztin gab mir auch eine Empfehlung zu welcher Klinik ich gehen sollte, so dass ich mich über diese Klinik schon informieren konnte. Ich nahm mir also diese Woche Zeit und versuchte in mich hinein zu hören. Ich las viele Erfahrungsberichte und studierte die Bewertungen der Klinik und der Ärzte. Zum Glück gibt es in Hamburg eine Klinik, die nur auf gynäkologische Operationen spezialisiert ist und wo täglich Ausschabungen durchgeführt werden (Tagesklinik Altonaer Straße). Die Klinik ist auch auf die Behandlung des Ashermann-Syndroms spezialisiert und so hatte ich die Hoffnung, dass die Ärzte hier mit größter Sorgfalt arbeiten würden.

Entscheidung zur Ausschabung

Nach meiner Woche Bedenkzeit war leider auch weiterhin nichts passiert. Mir war nach wie vor jeden Tag übel und ich konnte auch keinen Unterschied zur letzten Woche feststellen. Meine Ärztin schien also Recht zu behalten. Es sah so aus, als müsste ich mich auf einen langen Prozess einstellen, wenn ich wirklich weiter warten wollte.

Ich muss zugeben, dass mich zu diesem Zeitpunkt irgendwie auch die Kräfte verließen. Ich merkte mehr und mehr, dass ich mit meiner Fehlgeburt irgendwie „abschließen“ muss, damit ich auch psychisch wieder auf den Weg der Besserung kommen würde.

Ich entschloss mich also dazu eine Ausschabung machen zu lassen.

Missed-Abort oder Fehlgeburt… kein Grund zur Eile!

An dieser Stelle möchte ich nochmal kurz allgemein auf das Thema Fehlgeburt, drohende Fehlgeburt oder unklarer Schwangerschaftsstatus eingehen. Meine Erfahrung ist, dass Ärzte hier manchmal sehr schnell reagieren wollen. Es gibt aber absolut überhaupt keinen Grund, sich hier zu beeilen.

Besonders wenn sich der Embryo sehr früh nicht weiter entwickelt (z.B. bevor man eine Herzaktion sehen kann, oder nur kurze Zeit später) ist es meistens möglich der Natur einfach ihren Lauf zu lassen. Hier ist normalerweise kein medizinischer Eingriff notwendig.

Ausserdem passiert es durchaus häufiger, besonders in einer sehr frühen Phase der Schwangerschaft, dass Ärzte von einer nicht intakten Schwangerschaft ausgehen und auf einmal findet sich eine Woche später doch ein Herzschlag im Ultraschall. 

Gab es bereits einen Herzschlag und er kann nun nicht mehr im Ultraschall nachgewiesen werden, dann muss man leider von einer Fehlgeburt ausgehen. Diese Situation, in der man von einer Fehlgeburt erfährt ist schon traumatisch genug, hier sollte man sich auf jeden Fall nicht vorschnell zu einer Ausschabung oder der Einahme von Medikamenten entscheiden bzw. überreden lassen. Ich bin der Meinung, dass man in dieser Situation besser gar keine Entscheidungen treffen sollte, denn man steht einfach unter Schock und kann wahrscheinlich nicht klar denken (mir ging das zumindest so). Beim Missed-Abort einer Freundin, wurde noch am gleichen Tag eine Ausschabung vorgenommen, obwohl sie bereits leichte Blutungen hatte. Ich würde immer erstmal ein bis zwei Wochen vergehen lassen und dann nach eingehender Beratung entscheiden. In den meisten Fällen kann der Körper die Situation in dieser Zeit schon alleine regeln. Der nicht mehr lebende Embryo führt erstmal zu keinen Problemen. Man muss also keine Angst vor einer Vergiftung oder Entzündung durch einen Missed-Abort haben. 

Es gibt also viele Gründe dafür, nach einem Missed-Abort erstmal zur Ruhe zu kommen, sich zu informieren und sich dann für einen Weg zu entscheiden, wenn der Körper auch nach 2 oder 3 Wochen keine Anzeichen einer Blutung zeigt.

About the Author Katharina Jozefak

Diplompädagogin und

Kinderwunsch-Expertin 

Über meinen Weg zum Wunschkind habe ich 2019 das Buch "Der Weg zum Wunder - Wissen, das ich gerne früher gehabt hätte" veröffentlicht.

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