...hilft eine genetische Untersuchung der Eizellen und welche Verfahren gibt es?

Einige Monate sind seit meiner Fehlgeburt und der Ausschabung vergangen. Ich brauchte erstmal eine Pause um diese große Enttäuschung zu verdauen und um meinen Optimismus wiederzufinden, der sich zwischenzeitlich in der hintersten Ecke versteckt hatte. Doch nun kann es wieder losgehen. Im März 2014 haben wir endlich unseren ersten Beratungstermin bei einer der Koryphäen unserer Klinik. Ein „alter Hase“ im Bereich der Reproduktionsmedizin, der dieses große Kinderwunschzentrum mit aufgebaut hat und bei dem wir hoffen, dass er neue Ideen für unsere Behandlung hat. Das Gespräch war sehr angenehm und da unsere größte Sorge ist, dass es beim nächsten Versuch wieder zu einer Fehlgeburt kommen könnte, empfiehlt uns der Arzt eine genetische Untersuchung der Eizellen - die Polkörperdiagnostik. Er ist der Meinung, dass wir mit einer genetisch einwandfreien Eizelle die besten Chancen auf eine erfolgreiche Schwangerschaft haben. 

Hier kannst Du dir die Podcastfolge anhören:

Polkörperdiagnostik - FISH-Diagnostik oder Array-CGH?

Wir werden darüber aufgeklärt, dass es zwei unterschiedliche Formen der Polkörperdiagnostik gibt. Bei der günstigeren FISH-Diagnostik werden 8 der häufigsten genetischen Fehlverteilungen untersucht. 

Die Array-CGH-Diagnostik untersucht alle 23 Chromosomen der Eizelle und ist dabei aber auch deutlich teurer. 

Die Entnahme der Polkörper (kleine Zellabschnürungen, die die Eizelle nicht mehr benötigt) wird jeweils in der Kinderwunschklinik vorgenommen. Die genetische Untersuchung wird dann aber in einem anderen Labor durchgeführt. Bei der FISH-Diagnostik wird für die genetische Untersuchung ein Pauschalbetrag erhoben. Beim Array-CGH-Verfahren müssen wir die Untersuchung pro Eizelle zahlen (jeweils 432€). 

Der Arzt klärt uns zwar über beide Verfahren auf, sagt aber ganz klar, dass aus seiner Sicht nur eine Untersuchung mit dem Array-CGH-Verfahren Sinn macht. Das FISH-Verfahren würde uns auch keine Sicherheit geben (obwohl es diese Sicherheit natürlich sowieso nicht gibt) und daher sollte man die Eizellen gleich „vernünftig“ untersuchen. 

Bei den Preisen müssen wir erstmal schlucken. Bei unserer ersten ICSI hatte ich 13 Eizellen und da die Befruchtungsrate nicht so gut war, blieben da nur 6 Eizellen über. Schon die Kosten bei einem ähnlichen Ergebnis wären für uns kein Pappenstiel. Was wäre aber, wenn es nun mehr befruchtete Eizellen wären? 

Diese Frage haben wir dem Arzt natürlich gestellt, denn wir wollten es nicht riskieren, dass z.B. bei 10 befruchteten Eizellen eine Rechnung von etwa 5000€ auf uns zukommt. Aber an dieser Stelle beruhigt uns der Arzt und verspricht, dass wir die Einzelheiten nach der Punktion noch genau besprechen. Das macht aus unserer Sicht Sinn und so unterschreiben wir auch schon beim ersten Termin die Unterlagen für die Polkörperdiagnostik. 

Start in unsere 2. ICSI

Ich stimuliere wie immer mit einer relativ niedrigen Dosis Gonal F (125 Einheiten) und beim Follikel-TV sind einige gute Follikel zu sehen. Der zweite ICSI-Versuch läuft also erstmal ganz gut an und ich bin voller Hoffnung, dass wir diesmal auf dem richtigen Weg sind. Den Arzt empfinde ich als sehr angenehm, in seiner ganzen Art ruhig und entspannt und das gibt mir an dieser Stelle Hoffnung und Zuversicht. Bei der Punktion können 8 Eizellen punktiert werden. Zuerst bin ich ein bisschen enttäuscht und sofort kommen Gedanken auf, dass die erste Behandlung wohl schon eine schöne Schneise in meine Eizellreserve geschlagen hat. 

Nach dem Eingriff kommt unser Arzt kurz vorbei und nennt mir die Zahl der Eizellen, ich bin da noch ziemlich benommen von der Narkose und kann mir eigentlich nur die Zahl an sich merken. Hinterher stelle ich mir dann doch die Frage, wann wir denn nun das weitere Vorgehen besprechen. Irgendwie hatte ich gehofft, dass unser Arzt uns hier schon ein paar weitere Informationen gibt. Später versuche ich mich damit zu beruhigen, dass unser Arzt nun auch nicht wissen kann, wie hoch die Befruchtungsrate ist und wir eigentlich erst dann besprechen können, wie viele Eizellen mit der Array-CGH-Polkörperdiagnostik untersucht werden sollen. Wir müssen uns also bis zum nächsten Tag gedulden, wenn wir die Anzahl der befruchteten Eizellen per Anruf gesagt bekommen. Es heißt also wieder warten…

Am nächsten Tag bekomme ich den ersehnten Anruf dann während ich beim Einkaufen vor dem Regal mit den Nudeln stehe, nicht gerade der ideale Ort um die Einzelheiten einer Kinderwunschbehandlung zu besprechen. Aber viel zu besprechen gibt es auch nicht, denn es ist nicht wie erwartet unser Arzt, der uns die Nachricht überbringt, sondern meine Ärztin aus der 1. ICSI. Das Ergebnis ist auf jeden Fall sehr erfreulich, denn anders als gedacht, konnten diesmal alle Eizellen befruchtet werden. Natürlich ist meine Freude erstmal groß, allerdings ist es nun auch dringend nötig, dass wir besprechen, wie viele Eizellen untersucht werden sollen. 

Vertrauen reicht nicht!

Die Punktion wurde an einem Freitag gemacht. Samstag am frühen Nachmittag bekomme ich das Ergebnis der Befruchtungsrate und die Polkörper müssen dann also spätestens am Montag untersucht werden. Bei dem Telefongespräch mit der Ärztin bin ich so überrumpelt, dass ich nicht daran denke zu fragen wie es jetzt weiter geht. Ich warte also noch eine Stunde ab, ob sich unser Arzt nun nochmal meldet, um alles weitere zu besprechen. Doch nichts passiert und ich werde langsam nervös. 

Wenn alle Polkörper der 8 Eizellen ins Labor geschickt werden würden, dann müssten wir mit Kosten von etwa 4000€ zusätzlich rechnen. Das übersteigt unsere Planung. Am frühen Abend entschließe ich mich dazu, dem Arzt eine SMS auf die „Notfall-Handy-Nummer“ zu schicken. Wenig später meldet er sich dann auch. Allerdings läuft das Gespräch ganz anders ab, als ich gedacht hatte. 

Auf meine Frage wann wir besprechen wie viele Eizellen nun untersucht werden sollen, reagiert er mit Unverständnis und tut so, als wüsste er von nichts. Ich werde kurz und knapp damit abgespeist, dass natürlich alle Polkörper an das Labor geschickt wurden. Will ich etwas anderes, könnte ich probieren das Labor am Montagmorgen zu erreichen und es dort zu besprechen.

 Da bin ich erstmal platt und mein Mann ist dem Herzinfarkt nahe. Zu diesem Zeitpunkt ist er mit der gesamten Behandlung sowieso schon sehr unzufrieden und vom gesamten Kinderwunschprozess einfach nur noch total genervt. Ich dagegen bin fix und fertig, schon wieder scheinen wir irgendwie entweder alles falsch verstanden zu haben oder die Ärzte machen die Dinge eben so, wie es ihnen gerade in den Kram passt. Erstmal ärgere ich mich, dass wir uns das Vorgehen nicht haben schriftlich geben lassen. Aber wer denkt in dieser Situation schon an sowas? Wie auch immer - ich hatte ein Problem.

An Entspannung ist nicht mehr zu denken. Neben der Überstimulation, die nach der Punktion immer schlimmer wird, bin ich nun auch psychisch total gestresst. Schon wieder hält sich ein Arzt nicht an die Absprachen und Hilfe gibt es natürlich schon überhaupt nicht. Am Sonntag kann man in dem genetischen Labor natürlich niemanden erreichen und so warte ich wie auf Kohlen auf Montagmorgen, wo ich dann um 7:00 morgens mit dem Versuch starte dort jemanden zu erreichen. Gegen 8:00 Uhr bekomme ich dann endlich jemanden ans Telefon und zu meinem Glück wurden die Polkörper noch nicht untersucht. Ich gebe also beim Labor Bescheid, dass wir nur eine Untersuchung von 5 Eizellen möchten. Zum Glück ist das kein Problem. So ist also das Kostenproblem aus der Welt geschafft, doch das Vertrauen zum Arzt ist natürlich dahin.

Das Ergebnis der PKD

Der Transfer ist für Mittwoch geplant, natürlich hoffe ich, dass von den 5 Eizellen 2 oder vielleicht sogar 3 Eizellen gesund sind. Trotzdem ist da sofort wieder die Angst. Was machen wir, wenn alle Eizellen genetisch auffällig sind. Bin ich vielleicht grundsätzlich schon zu alt? Aber mit 35 Jahren sollte es doch eigentlich noch ganz gut aussehen. Das Gedankenkarussel ist also wieder kräftig am laufen. Am Dienstag bekomme wir dann das Ergebnis der Polkörperdiagnostik. Von den 5 Eizellen ist eine Eizelle genetisch einwandfrei. Eine Eizelle konnte nicht untersucht werden und ist von schlechter Qualität und die restlichen 3 Eizellen haben unterschiedliche Auffälligkeiten - 4 Eizellen werden also verworfen. Uns bleiben aus diesem Versuch also die 3 Eizellen, die nicht untersucht wurden und ein kleiner Kämpfer, der sich nun hoffentlich gut weiterentwickelt.

Die FISH-Diagnostik hätte es auch getan…

Das Ergebnis aus dem genetischen Labor lasse ich mir aus Interesse per E-Mail schicken. Als ich mir das Ergebnis ganz genau anschaue und die auffälligen Chromosomen studiere, fällt mir eine Sache auf: Alle genetisch auffälligen Eizellen wären auch bei der günstigen FISH-Polkörperdiagnostik gefunden worden. Auch wenn es nun eigentlich keine Rolle mehr spielt, fühlte ich mich nun noch schlechter beraten. Es fühlt sich in diesem Moment so an, als wenn es nur darum geht möglichst viel Geld mit unserem Leid und mit unseren Ängsten zu verdienen. 

Der Embryotransfer

Für den nächsten Tag war dann der Transfer geplant. Da das Verhältnis zum Arzt nun natürlich deutlich getrübt war, gingen wir schon mit einem etwas unguten Gefühl in die Klinik. Beim Betreten des Transferraums interessierte mich erstmal nur, wie es unserem kleinen Kämpfer geht. Der Transfer fand nun am 5. Tag nach der Punktion statt und bestenfalls sollte unser Embryo jetzt eigentlich schon das Blastozystenstadium erreicht haben. So richtig super entwickelt waren unsere Eizellen bisher aber meistens nicht und so hatte ich schon mit einer Morula gerechnet. Dann kam der Schock, unser kleiner Kämpfer lebte zwar noch, aber er war bisher leider erst ein 16-Zeller und damit so gar nicht zeitgerecht entwickelt. Ich war unendlich traurig und enttäuscht. 

Nun hatten wir zwar einen Embryo, der genetisch einwandfrei war, aber trotzdem wenig Hoffnung, dass es diesmal gut ausgehen würde. Es war eine total verzwickte Situation. Auch der Umstand, dass eine der 3 nicht untersuchten Eizellen sich zu einer Blastozyste entwickelt hatte, konnte mich nicht trösten. 

Geht es nur ums Geld?

Mein größtes Problem war, dass ich so langsam das Gefühl hatte, dass es in diesem ganzen Kinderwunsch-Zirkus viel zu sehr darum geht Geld zu verdienen, als den Patienten wirklich zu einem Kind zu verhelfen. Ich fühlte mich schlecht beraten und obwohl ich schon sehr viel über Kinderwunschbehandlungen gelesen hatte, fühlte ich mich schlecht informiert. 

Ausserdem führten die vielen Enttäuschungen, die Kosten und das wir ständig im medizinischen Hamsterrad gefangen waren auch dazu, dass wir uns als Paar immer mehr verloren. Mein Mann war schon schlecht gelaunt, wenn er die Kinderwunschklinik nur betreten musste und wollte von dem Thema möglichst wenig bis gar nichts hören. Er versuchte die Situation einfach zu verdrängen und wollte endlich wieder unser „altes“ Leben zurück. Ich war dagegen auf dem entgegengesetzten Pfad: Ich wollte jetzt so viel wie möglich über alle Belange der Kinderwunschbehandlung lernen, um einen Weg zu unserem langersehnten Kind zu finden. Sicherlich lag das auch an meinem Beruf als Lehrerin, dass ich dachte, ich bräuchte nur so viele Informationen wie möglich, dann könnte ich das Problem schon lösen. 

Die Warteschleife und neue Recherchen

Da ich beim Transfer immer noch eine Dosis Brevactid (HCG) zur Unterstützung der Einnistung bekam, wurde die Überstimulation in den nächsten Tagen erstmal stärker und so war ich nach dem Transfer für eine Woche krankgeschrieben. Diese Zeit nutzte ich, noch mehr als sonst dazu, so viel wie möglich über die Möglichkeiten im Bereich der Kinderwunschbehandlung zu lesen. Langsam stieß ich auf immer mehr Informationen, die weit komplexere Zusammenhänge für das Scheitern einer Behandlung verantwortlich machten, als schlechte Embryonen oder langsame Spermien. Ich lernte immer mehr über den Einfluss von Gerinnungsfaktoren und, dass das Immunsystem bei der Einnistung einer Eizelle auch ein Wort mitzusprechen hat. 

Auch wenn die Hoffnung noch so klein ist, nach einer Woche in der Warteschleife (etwa ab TF+5) fing ich trotzdem an morgens einen Frühtest zu machen. Doch diesmal waren die Tests blütenweiß und ich fühlte mich in meiner Befürchtung bestätigt, dass es leider nicht geklappt hat. So testete ich zwar trotzdem weiter, erwartete aber keine Wunder mehr. An TF+8 zeigte sich dann doch noch ein Hauch eines zweiten Striches auf dem Schwangerschaftstest. Am nächsten Tag sollte ich zum Bluttest in die Klinik kommen. Auch an diesem Morgen war ein leichter zweiter Strich auf dem Schwangerschaftstest zu sehen. Wieder stand ich zwischen den Stühlen, natürlich ist ein Test nicht einfach so leicht positiv. Aber ich wusste auch, dass dieser leichte Striche für den Zeitpunkt auf einen eher niedrigen HCG-Wert hinweist. Es hatte also wahrscheinlich nur eine kurze Einnistung stattgefunden. Viel Hoffnung hatte ich nicht, als ich an diesem Tag (TF+9, PU+14) in die Klinik zum Bluttest fuhr. 

Das Ergebnis der 2. ICSI

Am frühen Nachmittag bekam ich dann den Anruf aus dem Labor. Der Bluttest war zwar positiv, mit einem Wert von 37 aber unterhalb des Normbereichs von 57-140. Das war an einem Freitag und somit war klar, dass die Warteschleife sozusagen in eine weitere Runde geht. Ob der Embryo sich wirklich gut weiterentwickelt, wird nun wahrscheinlich der zweite Bluttest zeigen. In dieser frühen Phase einer Schwangerschaft sollte sich der HCG-Wert im Blut alle 48 Stunden mindestens verdoppeln, damit man von einer intakten Schwangerschaft ausgehen kann. Da nun das Wochenende auch noch dazwischen lag, müsste der Wert im Blut am Montag also mindestens bei 100 liegen. 

Auch am Wochenende führte ich natürlich meine Testreihe mit den Frühtests weiter und leider machten mir die Ergebnisse nicht viel Mut. Der zweite Strich veränderte sich kaum und so war es sehr unwahrscheinlich, das der HCG-Wert gut angestiegen ist. Am Montag konnte ich morgens endlich zum 2. Bluttest in die Klinik fahren. Auch wenn die Hoffnung auf einen guten Wert nicht besonders groß war, wirklich aufgeben wollte ich immer erst, wenn es wirklich keine Chance mehr gibt. Und so bekam ich dann am Nachmittag den nächsten Blutwert mitgeteilt und bei einem Wert von 45 war dann leider auch klar, das unser Krümel es nicht geschafft hatte. Also hieß es wieder, alle Medikamente absetzen und auf die Regel warten.

Damit war unser zweiter ICSI-Frischversuch leider Geschichte. Ein wenig Hoffnung hatten wir, dass wir mit den 3 eingefrorenen Eizellen vielleicht Glück haben könnten. Eine Kryo beim „alten Hasen“ würde es aber auf jeden Fall nicht geben!

About the Author Katharina Jozefak

Diplompädagogin und

Kinderwunsch-Expertin 

Über meinen Weg zum Wunschkind habe ich 2019 das Buch "Der Weg zum Wunder - Wissen, das ich gerne früher gehabt hätte" veröffentlicht.

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