Die 1. ICSI und Ärger mit dem "Deutschen Mittelweg"

Wir schaffen es gerade noch pünktlich in den Seminarraum einer großen Hamburger Kinderwunschklinik. Der Raum ist gut gefüllt und wir haben Glück, dass wir überhaupt noch zwei Plätze nebeneinander finden. Wir sind bei unserem ersten Kinderwunschklinik-Info Abend und erhoffen uns einen Eindruck von der Ärztin, die wir uns für unsere Behandlung ausgesucht haben.

Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich mein ganzes Leben immer nur weibliche Frauenärztinnen gehabt und ich wollte das möglichst auch weiterhin so beibehalten. Die Ärztin, die nun die Infoveranstaltung durchführte, war eine der wenigen Ärztinnen, die es in Hamburg zu diesem Zeitpunkt in einer Kiwu-Klinik gab...also haben wir uns erstmal für diese Klinik entschieden.

Hier kannst Du dir die Podcastfolge anhören:

Der Abend war weitestgehend informativ, die Ärztin erschien soweit nett und so machten wir einen Termin für ein Erstgespräch aus.
Ich hatte mir einige Fragen aufgeschrieben und hatte die Ergebnisse der Voruntersuchungen alle in einer Mappe dabei.
Allerdings ging im Gespräch alles so schnell, dass ich nur einen Teil der Fragen wirklich stellen konnte. Das Wichtigste war für uns sowieso erstmal, welche Art Behandlung notwendig sein würde. Wir hatten ja das Problem, dass das Spermiogramm meines Mannes vom Arzt so eingestuft wurde, dass wir damit auch auf normalem Weg schwanger werden könnten.
Ich war dagegen der Meinung, dass wir mit dem Spermiogramm wahrscheinlich eine ICSI brauchen würden. So hoffte mein Mann wohl zumindest darauf, dass die Ärztin uns Chancen mit einer IVF einräumen würde.

Nach einem Blick auf die Unterlagen sprach sie sich aber auch für eine ICSI aus, denn bei einer IVF wäre die Möglichkeit einer Nullbefruchtung aus ihrer Sicht zu hoch.

Auch wenn wir uns sicher eher eine IVF gewünscht hätten, war ich froh, dass wir nun zumindest einen Plan haben und dass es nun endlich wieder Hoffnung darauf gibt, dass wir unser Wunschkind bekommen würden.

Start in die erste ICSI

Bevor es dann richtig mit der ICSI losging haben wir noch einmal Urlaub gemacht…da konnte man nochmal etwas ausspannen. Trotzdem hab ich auch dort schon sehr viel Zeit damit verbracht, mich über die Behandlung zu informieren.
Ich hätte ja nicht für möglich gehalten, wie viele unterschiedliche Zusatzoptionen es bei einer künstlichen Befruchtung gibt. Bei den meisten Namen kann man sich nicht im Ansatz etwas darunter vorstellen. Also verbrachte ich wieder viel Zeit damit, herauszufinden welche Zusatzmaßnahmen sinnvoll wären und ob diese von unserer Klinik angeboten werden. Komischerweise bekam man über diese Dinge wenig Informationen im Vorfeld und meine Ärztin beantwortete meine Fragen auch eher zögerlich.

Und dann ging es endlich los…ein komisches Gefühl, wenn man sich zum ersten Mal selbst eine Spritze geben muss. Mich hat es auf jeden Fall einige Überwindung gekostet. Zum Glück hab ich so einen Spritzen-Pen gehabt, der eine wirklich sehr dünne Nadel hat. So konnte man sich an das Gefühl erstmal gewöhnen, bevor zum Ende der Stimulation das Medikament gespritzt wird, dass den Eisprung unterdrücken soll….das hat nämlich eine deutlich dickere Nadel.

Alle paar Tage ging es dann also zum sogenannten „Folli-TV“, wo im Ultraschall geschaut wird, wie viele Follikel sich in den Eierstöcken gebildet haben. Am Anfang hab ich noch sehr wenig gemerkt, aber je näher der Punktionstermin kam, je mehr zwickte und zwackte es in den Eierstöcken. Man fühlt dann schon, dass da nicht nur eine kleine Eizelle heranreift, sondern 7-10 Eizellen. Alles in allem ging es mir aber erstaunlich gut. Von den Medikamente hatte ich keine besonderen Nebenwirkungen und ich freute mich, dass es nun endlich voran geht.

Eine Frage beschäftigte mich aber sehr, wie viele der Eizellen würden nach der Punktion weiter kultiviert werden und wann kann ich die Eizellen zurück bekommen. Meine favorisierte Option ist damals der Blastozystentransfer gewesen. Dabei werden die Embryonen erst am fünften Tag nach der Punktion zurück in die Gebärmutter gesetzt. Zu diesem Zeitpunkt sollten sie das Stadium der Blastozyste erreicht haben. Blastozysten sind schon so weit entwickelt, dass sie sich schon 24-48 Stunden nach dem Transfer in die Gebärmutter einnisten.

Blastozystentransfer?

Für einen Blastozystentransfer gibt es einige wichtige Gründe:

- nur etwa 40% der Embryonen entwickeln sich zu Blastozysten, daher ist die Wahrscheinlichkeit, dass es sich bei einer Blastozyste um einen gesunden Embryo handelt größer als bei einem Zeller.
- Blastozysten sind schon so groß, dass eine Eilleiterschwangerschaft eher unwahrscheinlich ist, da eine Blastozyste nicht mehr zurück in den Eileiter passt und sich auch schnell nach dem Transfer in die Gebärmutter einnistet.

Leider ist das Embyonenschutzgesetz in Deutschland eines der strengsten der Welt und schon seit 1990 in Kraft, wo die Reproduktionsmedizin noch in den Kinderschuhen steckte. Laut ESchG dürfen maximal 3 Eizellen weiterkultiviert werden. Alle anderen Eizellen müssen schon im Vorkernstadium eingefroren werden.

Allerdings gibt es neben dieser strengen Auslegung des Embyonenschutzgesetzes auch eine flexiblere Auslegung, den „Deutschen Mittelweg“. Hier wird im Hinblick darauf, dass sich nur 20-30% der Embryonen zu einer intakten Schwangerschaft entwickeln können, darauf abgezielt, dass an Tag 5 so viele Embryonen für einen Transfer bereitstehen, wie die Patienten sich gewünscht haben (max 3 Embryonen). Danach ist es also möglich bis zu 12 Embryonen weiter zu kultivieren. Alle Embryonen, die nicht übertragen werden, werden dann eingefroren und stehen für einen zweiten Versuch (Kryoversuch) bereit.

Der „Deutsche Mittelweg“ hörte sich vernünftig an, leider beharrte meine Ärztin darauf, dass sie nicht nach dem deutschen Mittelweg behandeln würde. Wir wollten dann, dass zumindest alle Embryonen bis zum Tag 3 kultiviert werden würden. Darauf ließ sie sich dann ein.

Die beiden Ultraschalluntersuchungen vor der Punktion wurden dann von einem anderen Arzt durchgeführt, da meine Ärztin im Urlaub war. Dieser Arzt klärte uns dann auch darüber auf, dass es durchaus möglich ist, in der Klinik nach dem „Deutschen Mittelweg“ zu behandeln. Ich ließ dann notieren, dass ich unbedingt eine solche Behandlung möchte und schrieb auch meiner Ärztin nochmal eine E-Mail, auf die ich aber keine Antwort erhielt.

Und dann näherte sich auch schon der Tag der Punktion. Natürlich ist eine Vollnarkose nie angenehm, und meine letzte Vollnarkose hatte ich vor ewigen Zeiten zum Entfernen der Weisheitszähne bekommen…aber es war eigentlich kein großes Problem. Das Klinikpersonal kümmerte sich sehr liebevoll um die Patientinnen und es lief alles soweit reibungslos.

Nach der Punktion dann die gute Nachricht: „Es wurden 13 Eizellen punktiert“. Das war mehr als ich erwartet hatte und wir freuten uns riesig.

Am nächsten Tag bekommt man dann immer einen Anruf, wieviele der Eizellen sich haben befruchten lassen. Leider kam dabei raus, dass nur 6 der 13 Eizellen befruchtet wurden. Das alleine war schon ein ganz schöner Rückschlag. Noch viel schlimmer war aber, dass die Ärztin sich nicht an unsere Absprache gehalten hatte und selbst entschieden hat, dass nur 3 der sechs Eizellen weiterkultiviert werden. Die anderen Drei wurden sofort nach der Befruchtung noch im Vorkernstadium eingefroren. Ich war damals sehr enttäuscht, denn ich hatte so sehr gehofft, dass wir vielleicht schon beim ersten Versuch schwanger werden würden und nun lief alles irgendwie so unrund. Besonders, weil wir ganz klar etwas anderes abgesprochen hatte, hab ich mich sehr über die Ärztin geärgert.

Das war nun schon ein sehr langer Text und daher gibt’s die Fortsetzung in der nächsten Woche und da erfahrt ihr dann, wie unsere erste ICSI weiter lief und was der Placeboeffekt damit zu tun hat.

Ich wünsche euch allen eine tolle Woche und freue mich, wenn ihr hier im Blog lest oder euch meinen Podcast anhört.

Alles Liebe und viel Erfolg,

Katharina.

BFH: „deutscher Mittelweg“ bei künstlicher Befruchtung rechtmäßig
http://www.heilpraxisnet.de/naturheilpraxis/bfh-deutscher-mittelweg-bei-kuenstlicher-befruchtung-rechtmaessig-20170824385495

About the Author Katharina Jozefak

Diplompädagogin und

Kinderwunsch-Expertin 

Über meinen Weg zum Wunschkind habe ich 2019 das Buch "Der Weg zum Wunder - Wissen, das ich gerne früher gehabt hätte" veröffentlicht.

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